Die Zürcher Bank Vontobel gibt sich gern bescheiden. Ihr Patron Hans Vontobel, 95, steht für Good old Swiss Banking: Wir sind da für die Kunden, nicht zur Befriedigung der Bonus-Gier.
Weiss Patriarch Vontobel, was in seinem Haus gespielt wird? Sein neuer Präsident Herbert Scheidt, 60, scheint jedenfalls anders zu ticken. Genug für mich, könnte sein Motto lauten.
Prima vista scheint alles in bester Ordnung zu sein. Gemäss Geschäftsbericht kriegte Scheidt 2011 ein Honorar von 1,5 Millionen Franken, 29 Prozent weniger als Vorgänger Urs Widmer im Vorjahr erhalten hatte. Darin enthalten sind sogenannte Bonus-Aktien im Wert von knapp einer halben Million.
Das passt, denkt man, schliesslich erzielte die Bank 22 Prozent weniger Gewinn.
Doch die für Scheidt ausgewiesenen Zahlen sind nicht einmal die halbe Wahrheit. Sein tatsächliches Entgelt für 2011 lag bei 3,4 Millionen, praktisch gleich hoch wie im Vorjahr. Damals war Scheidt noch operativer Chef, und Bank-CEOs kassieren in der Regel deutlich mehr als ihre Präsidenten.
Scheidts wahre Entschädigung liegt verborgen im 190 Seiten starken Vontobel-Geschäftsbericht. Sie kann nur nachvollzogen werden, wenn alle kleingedruckten Angaben im Vergütungsteil richtig addiert werden.
Zusätzlich zu seinem Honorar fürs VR-Präsidium erhielt Scheidt „Performance-Aktien“ für die Gesamtentwicklung der 3 zurückliegenden Jahre. In der Folge stieg Scheidts Gesamtbestand an Vontobel-Papieren von Ende 2010 bis Ende 2011 von rund 444’000 auf über 534’000 Stück.
Von den 90’000 zusätzlichen Anteilen muss jener Teil abgezogen werden, der bereits in Scheidts Total-Kompensation als Bonus-Aktien berücksichtig ist. Laut Investor-Relations-Abteilung bewertet Vontobel diese Aktien, die für persönliche Leistungen zugeteilt werden, mit dem Jahres-Schlusskurs. Dieser lag Ende 2011 bei 21 Franken.
Auf diese Weise reduzieren sich die 90’000 zusätzlichen Aktien auf knapp 68’000 Stück. Multipliziert man sie mit dem Jahresendkurs von 21 Franken, ergibt sich ein Total von rund 1,4 Millionen Franken.
Die 1,4 Millionen in Form von Gratis- respektive „Performance“-Aktien kommen zu den 1,5 Millionen ausgewiesenen Honorare fürs Präsidium, macht total 2,9 Millionen. Doch selbst das ist noch nicht das ganze Bild.
Scheidt war letztes Jahr bis Ende April CEO, erst ab Mai leitete er den VR. Seine offiziell ausgewiesenen 1,5 Millionen beziehen sich lediglich auf die 8 Monate im VR.
Es fehlen 4 Monate CEO-Entgelt. Aufgrund von früheren Zahlen und Aussagen von Vontobel-Insider können Lohn und Bonus konservativ auf eine halbe Million geschätzt werden.
Das ergibt das richtige Total. Obige 2,9 Millionen plus 0,5 CEO-Millionen machen nach Adam Riese 3,4 Millionen.
Viel oder wenig? Sehr viel. Aus drei Gründen. Erstens ist Scheidt damit entgegen den publizierten Zahlen der höchstbezahlte Vontobel-Manager. Er schlägt Roger Studer, den Chef des rentablen Derivatebereichs und Mann mit der offiziell höchsten Entschädigung. Studer kriegte 2011 2,4 Millionen.
Zweitens sticht Scheidts wahre „Total compensation“ im Quervergleich heraus. Raymond Bär von der mehr als doppelt so rentablen Julius Bär gab sich letztes Jahr 2,6 Millionen, 1 Jahr zuvor waren es 3 Millionen.
Christoph Ammann, Präsident der in der gleichen Gewichtsklasse wie Vontobel operierenden Sarasin, blieb bei 900’000 Franken stehen.
Mit seinen 3,4 Millionen stellt Scheidt beide in den Schatten.
Drittens hat Scheidt die Bank Vontobel nicht nachhaltig als Erfolgsstory positionieren können. Im Private Banking fehlt die Masse, das Investmentbanking ist ein Klumpenrisiko, und im Aktionariat hat Scheidt seine Bank in eine gefährliche Abhängigkeit von Raiffeisen manövriert. Die Genossenschaft hält eine Minderheit mit Vorkaufsrecht an der Zürcher Vontobel.
Ein Vontobel-Sprecher verteidigt Scheidts Entschädigung. „Die von Ihnen hinzuaddierten Bonus-Aktien sind 3 Jahre lang gesperrt“, sagt Reto Giudicetti. „Und über die Performance-Aktien wird sichergestellt, dass die Bank nachhaltig und unter Berücksichtigung eines angemessenen Risikos geführt wird.“
Hinzu komme, dass Scheidt „trotz hohem Bestand keine Vontobel-Aktien verkauft“ habe. Dies zeige, wie „verbunden der VR-Präsident mit dem Unternehmen“ sei, meint der Vontobel-Sprecher.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Es ist unglaublich, dass sich die Familie Vontobel solche Leute leistet! Gute Leute werden entlassen und ein einziger VR zockt so ab. Skandal!!!
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Diebe im Gesetz! Amen. Die Aktionäre hätten es in der Hand, Punkt.
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Herr Scheidt hat intern bei Vontobel wenig Freunde. Er zieht radikale Sparmassnahmen für das Personal durch und bedient sich selber grosszügig aus dem Salär- und Bonustopf.
Es ist eine Zumutung nach all den Skandalen im Schweizer Bankwesen, dass derartige Personen sich noch an der Spitze halten können. Der Fehler liegt aber leider bei der Fam. Vontobel.
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Schade, dass so ein excellenter Banker wie Dr. Hans Vontobel einem derartigen arroganten Deutschen wie Herr Scheidt auf den Leim geht.
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wunderschön! – Er ist eben ein ganz „Gescheidter“. – Aber in Tat und Wahrheit ein weiterer „obervoriger“ Import aus D (in einer Reihe mit Limberger, Ebeling, Hellweg, Stahlmann etc. etc.). Grosse Klappe aber keine echte Leistung dahinter. Dieses Manko wird aber durch ausgeprägtes Anspruchsdenken überkompensiert. – Und die Headhunter machen ihm den Hof.
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wunderschön! - Er ist eben ein ganz "Gescheidter". - Aber in Tat und Wahrheit ein weiterer "obervoriger" Import aus D…
Schade, dass so ein excellenter Banker wie Dr. Hans Vontobel einem derartigen arroganten Deutschen wie Herr Scheidt auf den Leim…
Herr Scheidt hat intern bei Vontobel wenig Freunde. Er zieht radikale Sparmassnahmen für das Personal durch und bedient sich selber…