Die Banken-Freundschaft zerbricht am Mittwoch, 7. November. Um 18.20 Uhr teilt die Zürcher Vontobel öffentlich mit, dass sie den Kooperationsvertrag mit Raiffeisen „in einem neutralen Schiedsverfahren geklärt“ haben will.
Es ist das laute Ende einer profitablen Zusammenarbeit zwischen ungleichen Partnern.
Hier die kleine, agile Vontobel, die für die verstreuten 300 Genossenschaftsbanken im Lande Fonds kreiert und Börsendeals abwickelt; dort die mächtige Raiffeisen, die ihrem Millionen-Publikum neue Produkte ohne eigene Produktion anbieten kann.
Lange Jahre herrscht Win-Win im klassischen Sinn. Beide tun, was sie am Besten können. Keiner kommt dem Anderen ins Gehege.
Bis Raiffeisen-Tycoon Pierin Vincenz vor Jahresfrist die Wegelin Bank übernimmt und als Notenstein in sein Imperium bringt.
Der junge Vontobel-CEO Zeno Staub wittert eine Verschwörung. Mit Notenstein wolle der schlaue Vincenz die Kooperation aushebeln.
Die Waage kippt, aus Partnern werden Feinde, aus Win-Win Lose-Lose.
Ein Zurück zur alten Ehe ist wenig wahrscheinlich. Mit dem Schiedsgericht haben die Scheidungsrichter das Zepter übernommen.
Weder Vontobel noch Raiffeisen wollen sich zum Streit äussern.
Wie es zum bitteren Ende einer blühenden Zusammenarbeit kommt, ist ein Musterbeispiel für Egomanie und Selbstüberschätzung.
Weder der IQ getriebene Staub noch der mit allen Wassern gewaschene Vincenz hat sich ins Gegenüber hineingedacht. Empathie – ein Fremdwort in der Zürcher und St. Galler Chefzentrale.
Das Protokoll des grossen Zerwürfnisses beginnt am 12. Juni 2012. Nach langem hin und her leiten an jenem Frühsommertag Vontobel und Raiffeisen offiziell das „Eskalationsverfahren“ ein.
Ziffer II Punkt 10 des Kooperationsvertrags sieht das Eskalationsverfahren für Streitfälle vor, die nicht auf unterer Stufe gelöst werden können.
Erste Eskalationsstufe ist der sogenannte „Kooperationsausschuss“. Dort sitzen als oberste Köpfe Vize-Raiffeisen-Chef Patrik Gisel und Vontobel-Asset-Management-Chef Axel Schwarzer.
Wie zwei Unter-Generäle führen Gisel und Schwarzer am Montag, 13. August, ihre Delegation in die Sitzung.
Mit dabei auf Raiffeisen-Seite: Geschäftsleitungsmitglied Michael Auer, Chef Bankenbetreuung, und Ernst Naef, Chef Vermögensverwaltung.
Die Mitstreiter auf Vontobel-Seite heissen Christoph Ledergerber, zuständig für den Kooperationsvertrag, und Roger Studer, Chef Investment Banking.
Man kennt sich. Man vertraut sich.
Jetzt nicht mehr.
Dass eine Einigung zustande kommt, ist von Anfang an unwahrscheinlich. Es geht nur darum, die Bedingungen für das Gipfeltreffen mit den Chefs Zeno Staub und Pierin Vincenz zu regeln.
Im Protokoll halten die Delegationen fest, dass als nächste und letzte Stufe im Eskalationsverfahren der „Vermittlungsausschuss“ tagen wird.
Allein schon einen passenden Termin zu finden entpuppt sich als Übung für eine Stabskompanie. Der Ton in den E-Mails wird gehässiger, die Forderungen dringlicher.
Vor allem Vontobel-CEO Zeno Staub kann seine Verärgerung kaum mehr verbergen. Staub scheint die Schlacht ein- für allemal austragen zu wollen.
Auch Taktierer Vincenz merkt, dass er sich der Sache stellen muss. Seine üblichen Tricks ziehen diesmal nicht.
So hat er am 23. Juli nochmals eine Lösung auf die alte Tour versucht. An jenem Sommer-Montag hat er Hans Vontobel getroffen.
Frühere Streitfälle löste Vincenz dank seinem guten Draht zum Ewig-Präsidenten der Privatbank im Handumdrehen.
Hans Vontobel zeigt Vincenz die kalte Schulter. Er soll sich mit CEO Staub arrangieren.
Am Donnerstag, 27. September, ist es soweit. Vincenz und Staub verhandeln in ihrer Eigenschaft als Chefs des „Vermittlungsausschusses“ über die Causa Kooperation.
Sekundiert werden sie von ihren zwei wichtigsten Verbündeten, Vontobel-Asset-Management-Chef Schwarzer und Raiffeisen-Vize Gisel.
Zwischen den Standpunkten liegt ein Ozean.
Zeno Staub pocht auf Exklusivität. Die Kooperation gelte nicht nur für alle 300 Raiffeisenbanken, sondern auch für die neue Notenstein.
Vincenz bringt als Kompromiss für mehr Freiheiten für seine Gruppe eine vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2022 ins Spiel.
Zuletzt ist klar: Man findet sich nicht.
Nun würde eine 30-tägige Frist zu laufen beginnen. An deren Ende steht das Schiedsgericht.
Ein letzter Versuch wird unternommen. Vincenz und Staub einigen sich auf ein zweites Gipfeltreffen.
Hektische Kriegsdiplomatie bricht aus. Ein Termin vor Ablauf der 30-Tage-Frist lässt sich nicht finden. Schliesslich akzeptiert Staub den Nachmittag des Freitags, 9. November.
An jenem Morgen will Vincenz seinen Verwaltungsrat konsultieren. Die Linie für die Verhandlung soll mit dem obersten Gremium abgestimmt werden.
Zwei Tage vor dem High noon ruft Staub Vincenz per Handy an. Dieser nimmt nicht ab.
Staub greift in die Tasten. „Bitte ruf uns an, es ist dringend“, schreibt der Vontobel-CEO per SMS.
Vincenz reagiert nicht.
Um 18 Uhr folgt das E-Mail. Staub teilt Vincenz mit, Raiffeisen vor den Richter zu zerren.
Es ist das Ende einer wunderbaren Freundschaft.
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Die beliebtesten Kommentare
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der bündner schreihals lässt wirklich keine chance aus, sich in die medien zu bringen, egal wie!
hochmut kommt vor dem fall, und auf den warte ich und klatsche, wenn der pierin zum pierout wird! -
Scheidt = Scheitern. Der erwürdige alte Herr Hans Vontobel fährt sein Lebenswerk mit seinen Personalentscheiden leider letztlich an die Wand!
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Die Raiffeisengruppe ist heute eine der etwa 5 grössten Schweizer Banken. Der Chef fliegt mit dem Heli zu seinen Terminen. Megalomanie (Grössenwahn) kommt immer kurz vor dem Absturz… Das war nicht nur bei Nero so, sondern auch erst kürzlich bei der Swissair und bei der UBS.
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… und der Pier-OUT fährt einen Audi A8 und die Gabi in der Raiffeisen-Geschäftsleitung einen 7er BMW mit xdrive… Hochmut kommt vor dem Fall
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Du hast wohl im Private Banking und nicht bei Raiffeisen gearbeitet 😉
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Typische Banker Egos. 30 Jahre Party und Suff und bald haben die Finanzdeliquenten fertig (wie Trappatoni sagen würde). Flasche leer. Bye bye Finanz und Finanzplatz Schweiz. Wake up. Die Ratten verlassen das sinkende Schiff…
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typische Symptome einer vormals fetten Branche, der die Margen schrumpfen: die Verteilkämpfe brechen aus und die Profitabilität ein.
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Verlierer = die Angestellten (s. Sal. Oppenheim)
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@Hans
Die IT?
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Noch interessanter als die langweilige geschichte, die irrelevant ist fuer den schweizer finanzplatz wer einsicht hat auf ein handy eines ceo einer schweizer privatbank…
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Gäbe es die Bank Notenstein mit dem „schönen Hund“ im Logo nicht, gäb es diesen Artikel nicht…
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Und wo bleiben die Neuigkeiten?
–> beide Seiten handel in Ihren Augen richtigEs ist klar, dass Vontobel auf die Verträge pocht und ebenfalls verständlich, dass Raiffeisen Notenstein, welche anscheinend eigentständig weiterläuft, nicht in den Kooperationsvertrag einbringen möchte.
Mal schauen wär am Schluss den Kürzeren zieht!
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Gähn, who cares?
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Schade, das hätte nicht sein müssen. Aber bei Vontobels sitzt man eben auf einem hohen Ross.
Noch interessanter als die langweilige geschichte, die irrelevant ist fuer den schweizer finanzplatz wer einsicht hat auf ein handy eines…
typische Symptome einer vormals fetten Branche, der die Margen schrumpfen: die Verteilkämpfe brechen aus und die Profitabilität ein.
Typische Banker Egos. 30 Jahre Party und Suff und bald haben die Finanzdeliquenten fertig (wie Trappatoni sagen würde). Flasche leer.…