Die Volksschule gilt seit dem 19. Jahrhundert als Errungenschaft: Bildung für alle Kinder – unabhängig von Herkunft, Stand oder Religion.
Noch im 18. Jahrhundert war Lernen ein Privileg der oberen Schichten. Erst die liberalen Kantonsverfassungen machten Bildung zur öffentlichen Aufgabe.
Doch von Anfang an war die Schule mehr als ein Ort der Wissensvermittlung. Ihr zweiter Zweck: staatsbürgerliche Tugenden einüben, Systemtreue verankern.
Kinder lernten, Autorität anzuerkennen, Pflichten zu erfüllen, sich dem Kollektiv unterzuordnen. Aus freien Individuen wurden verlässliche Bürger.
Die Volksschule war stets ein Instrument der Nationenbildung, kein neutraler Raum für ganzheitliche Persönlichkeitsentfaltung.
Das alte Schulmodell – Reih’ und Glied, Disziplin, Auswendiglernen – ist Geschichte, und doch lebt sein Geist weiter.
Auch heute dominiert Taktung: Lektionen, Tests, standardisierte Vorgaben. Kinder werden seriell unterrichtet, nach Jahrgängen sortiert, nach einheitlichen Kriterien bewertet.
Die zentrale Frage: Fördert dieses System tatsächlich individuelle Talente – oder formt es Kinder für die Interessen von Staat und Wirtschaft?
Johann Heinrich Pestalozzi forderte Bildung für „Kopf, Herz und Hand“: ganzheitlich, menschlich, praktisch.
Sein Name fällt oft in Sonntagsreden, doch die schulische Realität bleibt davon weit entfernt. Lehrpläne orientieren sich zunehmend an ökonomischer Verwertbarkeit. „Kompetenzen“ ersetzen Bildung; PISA ersetzt Neugier.
Lernen verkommt zum Training für Tests. Kreativität, Eigenständigkeit, Musisches – alles Randfächer.
Viele Lehrpersonen berichten, dass gerade das verloren geht, was Kinder am Lernen begeistert. Das Entdecken, Gestalten, Staunen.
Die Bildung reduziert sich auf das Abarbeiten von Stoff. Offiziell sind die Schulen kantonal geregelt. De facto aber geben politische Gremien und wirtschaftliche Interessen die Richtung vor.
Das zeigte sich beim HarmoS-Konkordat ebenso wie beim Lehrplan 21. Beides versprach Fortschritt, führte aber vor allem zu Vereinheitlichung und Bürokratie.
Die Wirtschaft reklamiert MINT-Fächer, um den „Standort Schweiz“ zu sichern. Auf der Strecke bleiben musische und handwerkliche Kompetenzen.
Ausgerechnet jene, welche Kreativität und Identität stärken würden.
Die Schule wird zum verlängerten Arm des Arbeitsmarkts. Im Zentrum steht nicht mehr das Kind, sondern der zukünftige Arbeitnehmer.
Früher war der Dorflehrer eine prägende Persönlichkeit. Heute ist die Lehrkraft Teil eines Apparats, dessen Hauptaufgaben lauten:
Lehrplan erfüllen, Tests bestehen, Administration bedienen.
Viele Lehrpersonen fühlen sich fremdgesteuert. Wo einst Pestalozzi die Freiheit des Lehrers betonte, herrscht nun Formularpflicht.
Das Ergebnis sind Burnouts statt Berufung. Kein Wunder, dass immer weniger Menschen Lehrer werden wollen.
Kinder lernen früh, dass Leistung alles ist; ein Menschenbild, das nachwirkt. Anpassung schlägt Neugier; Konkurrenz ersetzt Kooperation.
Der Druck, ins Gymnasium zu gelangen, spiegelt das schweizerische Statusdenken. Bildung wird zur Eintrittskarte für soziale Aufstiege, nicht mehr zur Möglichkeit individueller Entfaltung.
Die Berufslehre, einst Stolz des Landes, gilt vielen Eltern nur noch als zweite Wahl. Das Schulsystem liefert jene Haltung, die später im Arbeitsleben dominiert: Funktion vor Persönlichkeit.
Kaum ein Bereich wird so oft reformiert und bleibt zugleich so unverändert. Neue Lehrmittel, neue Konzepte, neue Etiketten – das Prinzip bleibt gleich: zentral gesteuert, wirtschaftlich verwertbar, pädagogisch kastriert.
Solange Bildung Mittel zum Zweck bleibt und kein eigentlicher Lebensbereich, bleibt sie unfrei. Eine Schule, die ihre Richtung aus Systeminteressen statt aus dem Kind schöpft, kann keine Erneuerung leisten.
Die Schweiz verehrt Pestalozzi und ihre direkte Demokratie. Beide leben vom Geist der Selbstverantwortung.
Eine freie Gesellschaft braucht Menschen, die denken, nicht bloss funktionieren. Eine Schule, die Kinder zu angepassten Leistungsträgern erzieht, sichert vielleicht die Wettbewerbsfähigkeit – aber nicht die Zukunft.
Die zentrale Frage bleibt: Wollen wir Kinder passend machen für ein System, das morgen schon überholt sein kann? Oder helfen wir ihnen, Menschen zu werden, die ihre Zukunft selbst gestalten?



Sehe geehrter Herr Gutschin herzlichen Dank für Ihre Recherche. Sie und Herr René Zeyer Betreiber von http://www.zackbum.ch und Herr Stöhlker und Herr Presta (alle in meinem *LTDRS*) ABER Sie haben auch GELEISTETnuxht nur und ich mag Ihren Mix zwischen Recherchen (Fremdwort für 20Millisekunden… 😉] uns Marmor bitte bleiben Sie auf http://www.insideparadeplatz.ch Hans Gerhard
Herr Gutschin for president of the USA;-)
„Lehrpläne orientieren sich zunehmend an ökonomischer Verwertbarkeit. „Kompetenzen“ ersetzen Bildung; PISA ersetzt Neugier.
Eine freie Gesellschaft braucht Menschen, die denken, nicht bloss funktionieren.“
Ich empfehle dem Autor einmal die Kommentare zu lesen, was man in diesem Land über gewisse Studiengänge denkt.
Der allgemeine Tenor ist: Wozu braucht man diesen Quatsch? Reine Steuergeldverschwendung.
Ich in einer Konferenz: Was ist das Ziel der Schule, reife Staatsbürger oder Ingenieure hervorzubringen?
Das Problem sind nicht die Bürokraten, sondern die Mehrheit der Gesellschaft.
„ Das Problem sind nicht die Bürokraten, sondern die Mehrheit der Gesellschaft.“
Der Satz könnte genauso gut von Stalin stammen
Die Mehrheit der Gesellschaft?
Der Eigenmietwert wurde abgeschafft. Die Mehrheit ging an die Urne und überstimmte die selbsteingebildete Mehrheit der Medien!
Im zentrum steht der zukünftige AHV zahler/in, sonst nichts.
Wiedermal PINK FLOYD „The wall“ auflegen. Sozusagen ein Back to the future – Erlebnis … offenbar ist grad „E“ oder schon „H“ Schweiz auf der Brücke.
Ich bin für einmal mit Ihnen vollständig einverstanden, Herr Gautschin. Dabei hat geholfen, dass Sie das Thema ohne den in Ihren Beiträgen sonst nicht wegzudenkenden kulturkämpferischen Sturm und Drang behandeln – aber wir können ja darauf vertrauen, das dies in dieser Kommentarspalte andere unvermeidlich übernehmen werden.
Ich habe keine Lösung – stelle aber fest, dass grundlegende Fertigkeiten fehlen. Derweil erschöpfen sich die „Kompetenzen“ darin, schlecht PowerPoint-Präsis zu halten. Am Engagement der Lehrer liegt es nicht – Chapeau für deren Leistung. Die Menge der Ansprüche ist zu viel.
Die Lösung ist, die Schweiz muss aus der UNO austreten, dann kann wieder ein vernünftiger Lehrplan ausgearbeitet werden und gelernt werden.
Gleichförmige Schafe – das ist doch genau was unser SVP, AfD, FPÖ, Fratelli und Le Pen wollen, oder ? Wenn zu viele Leute eigenständig denken würden dann gäbs ein Chrüsimüsi und niemand würde drauskommen, was eigentlich giltet.
passt doch so.
für die nächste Testpandemie.
Ups! Zutief ins Glas geschaut?
Heutzutage muss vom Studieren abgeraten werden. Der staatlich finanzierte linke Mainstream lässt die Mehrheit in realitätsfremde Unselbstständigkeit abgleiten.