Max Bertschinger ist nicht mehr nach Smalltalk zumute. Nachdem er für die erste Story noch locker über sein WG-Zimmer in Pfäffikon SZ sprach, droht er nun mit dem Anwalt.
Hintergrund dürfte eine abrupte Entwicklung nach dem Artikel sein. Bertschinger verlässt die Karl Vögele AG per sofort. Gestern war nach 22 Jahren sein letzter Arbeitstag bei der Inhaberin der „Vögele Shoes“-Marke.
Geplant war anderes. Bertschinger und der Präsident und neue Besitzer der Vögele Shoes, ein Unternehmer aus Hannover, hatten sich letzten Herbst auf eine weitere Zusammenarbeit geeinigt.
Bertschinger wurde im Dezember aus „Reorganisations-/wirtschaftlichen Gründen“ per Mitte 2022 gekündigt. Ab 1. Juli, so sein Vorschlag, würde für ihn ein „Kader-Vertrag mit 3 Monaten Kündigungsfrist“ als CFO gelten.
Zuerst Abgang als CEO mit 6 Monaten Kündigungsfrist bei vollem Lohn, danach ein Beratervertrag mit 3-monatiger Kündigungsfrist – so Bertschingers Idee. Am Ende einigte man sich auf ein befristetes Mandat von Juli bis Dezember 2022.
In seiner Funktion als CEO einer angeschlagenen Firma hatte Bertschinger in den letzten Jahren zahlreiche Vögele-Mitarbeiter entlassen oder in Frühpension schicken müssen.
Trotz Sozialplan gab es weiter Härtefälle. Bertschinger wollte deshalb die Jubiliäumsstiftung der Karl Vögele AG mit noch ein paar Hunderttausend Vermögen nutzen. Beglückt werden sollten Ü55-Mitarbeiter mit mindestens 2 Jahren Zugehörigkeit.
Das Profil passte auf einige – unter anderen auch auf ihn selbst. Das zuständige Amt lehnte eine solch enge Definition für eine Sonderausschüttung ab, stellte sich aber für eine Nutzung des Stiftungsvermögens für Härtefälle bei offeneren Kriterien nicht quer.
Für Bertschinger war der Weg frei, den Begünstigten aus der Jubiläumsstiftung einen Zusatzbatzen zuzuschanzen. Per Ende Dezember 2021, gerade noch in der nötigen Frist, erhielt er selbst 60’000 Franken aus dem Stiftungstopf.
Alles schien wie geplant zu laufen. Bis dann die Geschichte mit der speziellen Wohngemeinschaft im Schwyzer Steuerparadies platzte.
Offenbar schreckte das vor allem die PWC auf. Die grösste Revisionsfirma der Schweiz hat das Prüfmandat der Karl Vögele AG. Sie ist dafür verantwortlich, dass die Bücher der Firma stimmen.
Dass einer ihrer Mitarbeiter eines seiner 4 Zimmer im steuergünstigen Kanton Schwyz untervermietet, und das erst noch an den CEO einer Kundin, löste bei den Chefs des renommierten Prüf-Unternehmens möglicherweise Aufregung aus.
Laut einer Quelle habe die Revisorin der Karl Vögele-Spitze jedenfalls Fragen rund um den gewöhnungsbedürftigen Wohn-Setup gestellt.
Was genau die PWC monierte, ist nicht bekannt. Sicher ist, dass Vögele-Präsident Christian Müller und seine Partnerin am Mittwoch die Mitarbeiter der Firma über den sofortigen Abgang des langjährigen Managers informierte.
„Die traurige Nachricht: Max verlässt uns per Ende diesen Monats – auf eigenen Wunsch“, hielten die Besitzer der Firma mit Sitz im St.Gallischen Uznach fest.
Dahinter steckt eine „Aufhebungsvereinbarung“ per 31. März, in der von „eigenem Wunsch“ wenig steht. Unter „Auflösung des Arbeitsverhältnisses“ ist die Rede von einem „gegenseitigen Einvernehmen“ und Beendigung „aus Reorganisations-/wirtschaftlichen Gründen“.
Brisant ist, was die beiden Parteien zum „Arbeitsvertrag datierend vom 29. November 2021“ festhalten; „insbesondere“ dieser würde mit der neuen Abmachung aufgehoben. Sprich das halbjährige Beratermandat galt nicht mehr.
CEO Bertschinger, nach mehr als zwei Jahrzehnten als Finanzchef und später operativer Leiter der Vögele-Traditionsfirma: per sofort draussen.
Darben muss Bertschinger nicht. Vögele-Präsident Müller und er einigten sich auf pauschal 80’000 Franken „Austrittsentschädigung“.
Müller liess Fragen unbeantwortet. Bertschinger meinte auf Anfrage:
„Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Karl Vögele AG hat absolut keinen Zusammenhang mit meiner privaten Wohn-Situation, sondern war seit längerem intern so mit dem Eigentümer abgesprochen, dass ich die Transformation so lange begleite, wie das nötig und sinnvoll ist.“
„Somit ist das intern keine Überraschung und der Zeitpunkt halt jetzt gewählt. Ich habe Ihnen immer gesagt, dass die Wohnsituation in Pfäffikon als Übergangs-Situation gedacht war, eben, weil schon im Herbst 21 unklar war, wie es für mich beruflich weiter geht.“
„Da dies jetzt klar geworden ist, haben wir auch diese temporäre Wohn-Situation wieder aufgelöst.“
Bertschingers Name und jener seiner Frau prangen nicht mehr am Briefkasten in Pfäffikon, das zu Freienbach im Kanton Schwyz mit seinen günstigen Steuern gehört.
Die Schilder wurden unmittelbar nach der Berichterstattung vor 3 Wochen entfernt.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schade dass der Stil von LH den Inhalt des Artikels unwichtig erscheinen lässt.
Hier ein paar Gedanken dazu:
– Wie sehr oft in der Wirtschaft stehen sich Revisorin und Unternehmung näher als es eigentlich sein sollte, was nach einer gewissen „Ehedauer“ wohl unweigerlich so ist. Vielleicht wäre ein gesetzliche Wechselpflicht der Revisonsstelle nach x Jahren ein Lösungsansatz.
– Auch in diesem Fall haben anscheinend Kontrollstrukturen (Verwaltungsrat, Aufsichtsbehörden,..) versagt. Die Haftungsfrage für diesen Personenkreis müsste völlig neu überdacht werden.
– Dann gibt es da einen EX CEO, der sich aus der Stiftungs- und der Firmenkasse einen goldenen Abschied beschert hat. Vom rechtlichen Aspekt her ist das vermutlich untersuchungswürdig, moralisch gesehen muss es jeder selbst beurteilen.
– und dann noch zum Unternehmen selbst. Wenn derartige Informationen herausgetragen werden, wirft das ein sehr schlechtes Bild auf die Unternehmenskultur und damit ihrer Leitung. -
Stimmt das denn alles?
Er war doch immer so freundlich und hat mir bei meiner Entlassung persönlich versichert, wie sehr er es bedauert, dass es gerade mich getroffen hat, aber dass er als CEO leider nicht anders entscheiden kann. Ich hatte schon fast Mitleid mit ihm.
Aber zum Glück war ich nicht allein mit meinem Schicksal. So rund 500 Kolleg*innen hat es in den letzten Jahren getroffen. Interessanter Weise gab es bei mir keine Abfindung und ich durfte nach 2 Monaten Kündigungsfrist ohne Freistellung beim RAV vorsprechen. Nach 6 Monaten hatte ich aber etwas neues gefunden und bin seit mehr als 2 Jahren glücklich im neuen Job, was die noch verbliebenen Mitarbeiter offensichtlich anders sehen (https://www.kununu.com/ch/karl-voegele-voegele-shoes).-
Ich bin noch da, aber in einem Monat weg! Warum?
Die neue Unternehmungsleitung aus D hat Anfang des Jahres allen Mitarbeitern einen neuen Arbeitsvertrag ohne 13. ML, dafür mit unereichbaren umsatzbaierten Bonivorgaben
(derzeit wird nicht mal die Hälfte erreicht) vorgelegt. Bei Nichtannahme gabs eine Änderungskündigung. Und das bei den Hungerlöhnen (Mindestlohn), die wir bekommen!
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Kompliment, gute Arbeit LH!
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mal sehen wie genau PWC die Stiftung prüfen wird
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Das ist ja noch weniger interessant als die Auftritte der Gastplaudertanten.
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1. April!
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Hässig beendet Karrieren und schafft künftige Sozialhilfe-Empfänger.
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… bei ethisch/moralisch fragwürdigen Handlungen wie auch bei PV völlig berechtigt
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Man könnte auch sagen „der Krieg zwischen Schweinebacken“
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Ist der Ruf des Mänätscherli mal ruiniert, lebt es sich noch ungenierter!
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Mit der IV-Vollrente lebt es sich anscheinend auch ungeniert. 😂😎
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Erfahrung ?
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Sehr schön Mr. Hässig, haben Sie auch diese Machenschaften aufgedeckt!
Das Wort Berater ist ein derart missbrauchtes Wort, was soll das. Bei genauer Betrachtung müsste der Mitarbeiter der PWC Ruck Zuck auch entlassen werden denn, der wusste sehr genau was er tat!
Passt schon.
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Taugenichts und Schmarotzer, mehr kann man dazu eigentlich nicht mehr sagen, einfach nur beschämend.
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Solche kleinen Geschichten über diskutables moralisches und ethisches Verhalten mit anschliessend passenden Reaktionen der Beteiligten erheitern mich jedes Mal aufs Neue.
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Klar der 31.12 ist ja auch durch, massgebend ist jetzt auch nicht wo er im verlaufe des Jahres wohnt sondern nur wo er wiederum am 31.12 gemeldet ist….
Sehr schön Mr. Hässig, haben Sie auch diese Machenschaften aufgedeckt! Das Wort Berater ist ein derart missbrauchtes Wort, was soll…
Man könnte auch sagen "der Krieg zwischen Schweinebacken"
mal sehen wie genau PWC die Stiftung prüfen wird