In Bern, wo die Bürokraten den Ton angeben, feiert die Stechuhr ein überraschendes Comeback. Die grosse Berner Bank Valiant kehrt zur Arbeitszeiterfassung fürs Kader zurück.
Prokurist, Vizedirektor, Direktor – sie alle können neu jede Minute kompensieren, die sie länger als die vorgeschriebenen 8,2 Stunden im Büro sitzen.
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Der Preis dafür: Sie erhalten eine Woche weniger Ferien. Neu hat das Management der Valiant Bank noch 5 statt 6 Wochen im Jahr.
Davon ausgenommen ist die oberste Spitze. Der CEO und seine Kollegen in der Geschäftsleitung dürfen weiterhin lange weg und müssen nicht festhalten, wann sie anfangen mit ihrer Arbeit und wann sie damit aufhören.
Die Bank setze damit den Beschluss des Bundesrats vom letzten Herbst um, sagte gestern ein Sprecher der Valiant. Alle Banken müssten reagieren.
Doch die Valiant ist das erste grössere Geldhaus, von dem bekannt wird, dass es aufgrund der Gesetzesvorschrift wieder das alte System mit Ein- und Ausstempeln einführt.
Die meisten Banken nutzen die Möglichkeit der erleichterten Zeiterfassung fürs Management. Das sieht der Bundesratsbeschluss vor, nachdem sich Banken und Personalverbände darauf geeinigt hatten.
Voraussetzung ist ein Gesamtarbeitsvertrag oder eine vergleichbare Abmachung zwischen Geschäftsleitung und Personal.
Zudem kann nur bei Leuten mit über 120’000 Franken Jahreslohn und grosser Arbeits-Autonomie auf das präzise Zeiterfassen verzichtet werden.
Gewerkschaft und Arbeitgeber lobten den Kompromiss. Viele Banken hatten schon zuvor Abmachungen mit den Personalverbänden, so die UBS und die CS mit ihren Sozialplänen.
Für den Personalverband war der alte Zustand „unhaltbar“. Das Gesetz sei jahrlang bewusst missachtet worden, zum Nachteil der Beschäftigten.
Die Banken-Arbeitgeber lobten „verschiedene Erleichterungen“ durch die neue Regelung. Diese würden für viele Banken einen Verzicht auf die obligatorische Zeiterfassung für Kaderleute ermöglichen.
Man dachte, das wär’s. Banken und Gewerkschaften reichen sich die Hand, dafür muss niemand das Relikt der Arbeitserfassung hervorzaubern.
Umso erstaunlicher ist, dass nun mit der Valiant ein bekanntes Institut den umgekehrten Weg begeht. Die Spitze der schweizweit aktiven Retailbank hat offenbar lieber die Stechuhr im Haus als die Gewerkschaft.
Laut ihrem Sprecher geht die Rechnung für die betroffenen Kaderleute auf. „Der Verlust der einen Ferienwoche wird durch das unbegrenzte Erfassen von Überzeit bestimmt kompensiert“, sagt er.
Die neue Regelung gilt für die breite Masse im mittleren Kader. „Ab einer bestimmten Hierarchiestufe haben unsere Manager die Wahl zwischen Aufschreiben und Ferienzusatz“.
Die Valiant wird geführt von einem ehemaligen Bundes-Spitzenvertreter. Jürg Bucher war lange Chef der eidgenössischen Postfinance, bevor er vor 4 Jahren das Präsidium der Regionalbank übernahm.
Das Unternehmen strahlt mit der nun gewählten Umsetzung des neuen Gesetzes ein spezielles Zeichen aus. Bürokratie statt Eigenverantwortlichkeit, alter Zopf statt neue Dynamik lautet dieses.
Das Institut selbst dürfte dies anders sehen. Und wohl auch ihre Kaderleute. Gut möglich nämlich, dass diese besser wegkommen als bisher.
Noch besser, müsste man sagen. 6 Wochen Urlaub hatten die kleineren und grösseren Chefs dieser Bank bisher, neben wohl auch sonst grosszügigen Konditionen fürs gesamte Personal.
In der Industrie können die Angestellten von solchem Luxus nur träumen. Dort müssen sich die meisten Mitarbeiter und Kader mit 5 Wochen Ferien zufrieden geben – wenn sie nicht gar mit 4 abgespeist werden.
Die rigorose Erfassung von Überzeit könnte bei den Valiant-Kadern dazu führen, dass sie in Zukunft sogar mehr statt weniger Ferien als bisher erhalten.
Denn nun dürfen sie ja jede Minute extra erfassen. Da können sich rasch eine, zwei oder noch mehr Wochen ansammeln.
Die Anreize in diese Richtung sind jedenfalls gesetzt.
Länger arbeiten oder einfach herumsitzen macht sich für das Valiant-Kader ab sofort bezahlt.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ich finde dies einen Rückschritt. Dieser beruht auf einem Misstrauen gegenüber dem Kader. Vertrauen gegenüber Personal und Kader ist unabdingbar und führt zu besseren Leistungen.
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Genau.
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Mal ganz ehrlich:
Eigentlich sind ja Banker heute echt arme Schweine:
Sie werden von jedem gehasst, weil sie eigentlich keinen Mehrwert für die Gesellschaft erbringen; sie werden überall mit Argwohn & Abneigung betrachtet. Keiner will mit ihnen zu tun haben, jeder macht zwar Gute Miene Spiel, aber trotzdem hat jeder ne riesen Abneigung. Sie haben kein Ansehen mehr und müssen dahinsiechen (weil aktuell als Bankangestellter zu arbeiten ist sicher nicht lustig, nur noch Abbaurunden) und schon bald wird es wieder schlimme Fälle geben von „Aufgeben“, weil sie komplett frustriert und vor dem Ende mit ihren Nerven stecken.
Kurzum: sie müssen reduziert werden! Und genau das passiert ja auch aktuell!
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…hat doch vor über 2000 Jahren gelebt!
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„Dahinsiechen“, „keinen Mehrwert“??? Frage mich schon, warum es dann überhaupt noch Banken – und in der Schweiz immer noch ziemlich flächendecken – gibt? Aber jeder kann natürlich seinen eigenen Untergang auch selbst herbeireden, muss sich dann aber nicht wundern, wenn er selber vom angesägten Ast runterfällt!
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Juhuuuu endlich kann ich mehr Ferien nehmen als nur die mickrigen 6 Wochen….. Dabei werde ich nicht mehr arbeiten müssen und nicht weniger verdienen. Somit werden wir noch belohnt…..
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Super, da haben es ja die alten Herren wieder geschafft und alle abgestraft die effizient arbeiten und den Kollegen zeigen wie schnell man doch mit Know How und Erfahrung sein kann.
Zeit abhocken ist angesagt.
Geht mir auch so.
Ist offenbar eine weitverbreitete Krankheit die keine neuen Arbeitszeitmodelle zulässt, deshalb müssen die Personen die dauernd überlastet sind schon vom Atmen doch geschützt werden. -
OK, und wenn in der UBS Kantine das Menu 1 um 2 Franken erhöht wird ist das auch eine Meldung hier wert? Cmon L.H., gibt wichtigere Themen in der Branche.
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Tja, nicht mal ganze 20min pro Tag länger in den Sessel fu**** und man hat die Woche wieder drin…
Selten so gelacht! -
Als bei uns die Arbeitszeiterfassung eingeführt wurde, wehrte ich mich dagegen, weil sie absolut nicht zum Profil passe. Keine Chance. Mit nur einer halben Stunde mehr pro Tag – daran gewönt man sich problemlos – gab es dann rund drei Wochen mehr Ferien pro Jahr. Ferien fast wie Lehrer. Folglich explodierten bei Hunderten die Zeitguthaben. Als dann eingeführt wurde, dass diese Zeitguthaben ins Budget mussten, kam das grosse Jaulen.
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Denke das ist für einen Bänker immer noch zuviel: die sitzen eh nur rum, führen ne grosse Klappe, gehen auf Kosten der Bank (offiziell Geschäfts-)essen, labern herum, drehen Kunden Zeugs an, was keine Sau braucht, verarschen zuhause ihre Frauen (mit Zweit- und Drittbeziehung), gehen fremd bis zum letzten Atemzug etc….
Richtig so: Bänker sollten viel mehr in die Kandare genommen werden. Die sollten endlich wieder mal lernen, zu „Arbeiten“!!!
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In so einem einfachen Weltbild möchte ich auch leben… Etwas zum Nachdenken auf der Baustelle:
When you are dead, you don’t know that you are dead. It is difficult only for the others. It is the same when you are stupid.
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Hey, Strassenarbeiter, Sie haben noch ein paar Sachen vergessen:
– gehen auf Geschäftsreisen, die nix anderes als verkappte Ferien sind
– stocken Ihre Meilenkonti auf mit Geschäftsflügen für nix
– gehen mit Kunden auf Spesen ins Puff
– haben externe Meetings auf dem Golfplatz
– werden dauernd eingeladen von Produkteanbietern und beschenkt von Fondsvertreibern
– lachen über dumme Büezer wie zb Strassenarbeiter… -
Ich verstehe Deinen Frust aber auch wir Banker haben es schwer. Beginnt schon bei der Parkplatzsuche vor der Badi und überall stell ich dann meinen Porsche auch nicht hin. Im Vergleich zu den stählernen Körper der Büezer sehe ich mit meinem Cüpli-Rindsfilet-Ranzen auch nicht gut aus. Naja..so hat halt jeder seine Hürden 🙂
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Was meinst du mit Zweit- und Drittbeziehung? Unter 5 Frauen läuft nix, sonst müsste ich ja meine Zeit in die Arbeit investieren!
Ernsthaft… was gewisse Leute für Vorstellungen haben.. Es gibt in jeder Branche solche Schwarzen Schafe, und ebenfalls ein riesiges Feld von anständigen und ehrlichen Arbeitern. Gerade als „Büezer“ sollten Sie lieber nicht die Klischeekarte spielen…
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Purer Neid!
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Saublöder Kommentar den Sie da abgeben. Nächstes Mal bitte einfach direkt unter dem Pseudonym „Neidhammel“ auftreten. Die richtigen Strassenarbeiter und Bankangestellten arbeiten nämlich um 09:46 Uhr und haben weder das Bedürfnis noch die Zeit dazu, sich auf Inside Paradeplatz durch dumme Aussagen auszuzeichnen. So, es ist 12:15 und im Gegensatz zu Ihnen habe ich mir nun mein Mittagessen verdient.
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Strassenarbeiter um 09:46h im Inside Paradeplatz ??? Dachte immer, die kommen vor lauter arbeiten nicht mal zum Blick lesen.
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@Strassenarbeiter.
Wenn ich dein Chef wäre würde ich dich jeden Tag stündlich in den Hintern treten. Aber da du ein krankes Hirn hast wäre auch das vergebens. Herr lass es Hirn regnen! -
Hey Bänker & Co,
in Wahrheit bin ich eigentlich strategischer Investor, aber ich wollte nur mal eure Reaktionen sehen:
– im Grunde genommen bin ich es der euch soweit bringt, dass ihr reisen müsst (eure Frauen zuhause vernachlässig werden)
– eure Kids auf der Strasse landen und versandeln
– ihr von unseren teuren Sportwagenläden euer Spielzeug kaufen müsst und euch dafür hoch verschulden müsst sodass wir euch so richtig in der zange haben
– un zuguterletzt ihr Drogen & Tabletten nehmen müsst weil ihr so frustriert seid…..Aber WIR wissen, dass WIR euch in der Hand haben (oder besser an den Eiern) und euch so richtig ausnützen.
Hasta la vista baby :))))
euer SA -
@SA
Gut zu wissen, „strategische Investoren“ sind ohnehin die grössten Eiterbeulen auf dieser Finanzwelt. Ohne diese wären die Preisverwerfungen mindestens nur halb so gross und wegen denen musste ich jedenfalls noch kein einziges zusätzliches Aspirin einwerfen. -
Zum Job eines Bankers gehört natürlich auch dazu persönlich für die Spareinlagen und die Altersvorsorge seiner Kunden zu haften
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PostFinance hat auch 6 Wochen Ferien, Kader können auch nichts aufschreiben. Seit dem hat die reine Anwesenheitszeit bei gewissen Bereichen mit „erfahrenen“ Mitarbeitern merklich abgenommen. Erstaunlich, dass die Valiant diese „Bündeler“-Mentalität wieder aufnimmt…
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Schaut man sich den VR der Valiant an, fällt auf, dass fast alle Mitglieder Wissenschafter sind.
Darum war dieser Schritt unumgänglich: die wollen wissen, wer wieviel schafft!!!
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Super Institut, respektive Geschäftsleitung….und wegweisendes Beispiel für alle anderen Banken! Nur mit solchen Massnahmen können die mickrigen Entschädigungen der Top Kader und Mänäger gehalten werden!
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Die fetten Jahre im Banking sind vorbei, da kommt noch einiges auf uns zu. Sechs Wochen Ferien gibt es sonst nirgends, es ist klar, dass das im aktuellen und zukünftigen Umfeld nicht mehr so weitergeht. Die Löhne und Sozialleistungen bei den Banken werden auf das in der übrigen Wirtschaft übliche Niveau sinken. Ausnahmen wie üblich wird es für das Topmanagement geben. Hier müssen sich halt die unteren Chargen wehren, damit sie nicht übervorteilt werden.
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Die Frage ist nur wie das entsprechende Gleitzeit-Reglement aussieht. Wenn eine Anwesenheitspflicht von 8h pro Tag vorgeschrieben ist und auch andere Kompensationsmöglichkeiten verbaut werden nutzt die ganze Erfassung nichts. Die ganze mitarbeiterfreundliche Aktion könnte sich dann einfach als versteckte Ferienkürzung entpuppen.
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massive überzeit ist vorprogrammiert. welcher „chef“ wird es sich schon nehmen lassen nicht durch lange präsenzzeit zu glänzen? sonst würde es noch heissen, er sei nicht ausgelastet. son witz das ganze. nun machen die „chefs“ einfach dort noch ne sitzung, hier noch ein meeting, das bringt doch alles nichts! das ist bereits jetzt total ineffizient gehandhabt.
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…alles bloss angestellte Würstlein!
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Totale Fehleinschätzung!
Eine einzige bankinterne öffentliche Rankingliste wird die „Ausnützer“ disziplinieren.
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@Pragmatiker: In welcher Welt lebst du denn? 😀
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Ich finde dies einen Rückschritt. Dieser beruht auf einem Misstrauen gegenüber dem Kader. Vertrauen gegenüber Personal und Kader ist unabdingbar…
Genau.
massive überzeit ist vorprogrammiert. welcher "chef" wird es sich schon nehmen lassen nicht durch lange präsenzzeit zu glänzen? sonst würde…