Letztes Jahr schrieb ich „Zürich ist auf dem Weg zur hässlichen Stadt„. Der Grund sind zwei städtebaulich enttäuschende Jahrzehnte.
Jetzt stehen Wahlen an. Die könnten für Korrektur sorgen. Die zwei Schlüsseldepartemente für Stadtbaupolitik werden frei.
Geografie und Landschaft prägen Zürich. Wir leben in einem offenen Gletschertal mit Waldkuppen, Fluss und See.
Die einmalige Konstellation hat mit den Quai-Anlagen 1887 schon grosse Wertschätzung erfahren. Sie gehören mit den Pärken und guten Bauplätzen zu den schönsten von Europa.
Noch-Stadtpräsidentin Corine Mauch und Noch-Hochbau-Chef André Odermatt haben die Hochhausgebiete von 2001 viel zu gross konzipiert und über das halbe Stadtgebiet ausgebreitet.
Fatal war, dass bei der grossen Zahl der Hochhausprojekte auf die erforderliche städtebauliche Begründung verzichtet wurde. Das unansehnliche „Stoppelfeld“ von Hochhäusern resultiert direkt aus diesen Mängeln.
Die „Wuhanisierung“ von Zürich ist in vollem Gang. Das schwache Gemeinwesen bietet ein Einfallstor für Gross-Immobilien, die Gefallen daran finden, ab der 7. Etage die Aussicht mit Mietzinszuschlägen zu vermarkten.
Schon ohne diese sind Hochhaus-Wohnungen bautechnisch bedingt 20 bis 40 Prozent teurer. Man darf sich fragen, ob es Aufgabe der Stadt-Verantwortlichen ist, Investoren solche Fischzüge zu ermöglichen.
Weitere kapitale Fehlleistungen werden uns noch lange Zeit weh tun. Die Wohnsilos „Tramdepot Hard“ bauen auf der Südseite der Limmat eine erdrückende Silhouette auf und legen im Winterhalbjahr den beliebten Wipkingerpark und seine Stufen zum Wasser in den Schatten.
Die im letzten Jahr vom Volk abgelehnte Uferschutz-Initiative ist eine weitere Tragödie, denn ihre Annahme hätte die Bedeutung des Limmatraums für Zürich West thematisiert und den Bau weiterer Hochhäuser entlang des Südufers verhindert.
Der von Stadtrat Odermatt eingebrachte und angenommene Gegenvorschlag lässt sie wieder zu.
Ist Zürich in städtebaulicher Hinsicht tot? Nicht ganz, denn es gibt engagierte Gruppen, Autoren und kluge Köpfe der Politik, die mit Weitsicht agieren.
Professor Alain Thierstein schrieb letztes Jahr im „Hochparterre“, es gebe in Zürich keine „Urban Governance“. Jürg Sulzer, ehemaliger Stadtplaner von Bern und Professor an der Technischen Universität Dresden, hat zwei Artikel verfasst, deren Titel bereits vielsagend sind:
„Auch Zürich hat ein Anrecht auf guten Städtebau“ vom 18. Mai in der NZZ am Sonntag und „Zürichs seelenlose Stadtbaupolitik muss enden“ vom 13. November 2025 im Tages-Anzeiger.
Die Arbeitsgruppe Städtebau und Architektur Zürich (asaz-arch.ch) ist Mitte September mit einem Aufruf für eine umfassende Stadtplanung 2025-50 an die Öffentlichkeit gelangt.
Und der Verfasser selbst publiziert seit 5 Jahren den Newsletter „zuerivitruv“ auf Instagram sowie im Netz.
Eine „smarte City“ stellt sich neuen Anforderungen und Erkenntnissen. Eine Stadt ist kein Gesamtkunstwerk, das wäre zu viel verlangt.

Doch eine kluge Synthese aus Gestaltung von Werkplatz und Wohnort, lebenswerten Quartieren, bezahlbaren Wohnungen und der Beachtung von Klima/Energie/CO2 darf es schon sein.
Dazu braucht es einen Stadtbaumeister und einen Stadtingenieur, die an dieser Synthese arbeiten und die Bevölkerung periodisch auf dem Laufenden halten.
Daraus kann eine „Volonté Générale“ entstehen, in der dann Gestaltungsfreude das Detailgezänk überwindet.
In der kommenden Legislatur könnten Stadtbild und Identität wieder mehr Gewicht erhalten und das Konzept der 15-Minutenstadt (Einkauf und Freiflächen am Ort) Mobilität reduzieren und im gleichen Zug mehr Lebensraum schaffen.
Schöne Quartiere im verdichteten urbanen Flachbau (4 bis 6, in begründeten Ausnahmefällen 8 Etagen) machen die Stadt lebenswert.
Angestossen von Stadträtin Simone Brander sehen wir in Zürich einen erfreulichen Anfang: den Anni Klawa-Platz an der Sihlfeldstrasse, die neue Anlage auf der Rückseite des Globus-Provisoriums und die Stufen zur Sihl bei der Europaallee.
Kann Zürichs Geschichte „Feuer“ weitergegeben? Die prächtigen Quai-Anlagen vor bald 140 Jahren sind schon erwähnt.

Stadtbaumeister Hermann Herter zeichnete 1938 für das Bellevue die schönste Tramstation weit und breit und Stadtbaumeister A. H. Steiner konzipierte 1948 die Gartenstadt Schwamendingen.
Von privater Seite trugen unzählige Bauherren und Architekten mit qualitätvollen Bauten das ihre bei.
Damit sind wir bei den Persönlichkeiten angelangt, ohne die in keiner Stadt etwas geht. Mit den Wahlen 2026 können wir einen entscheidenden Teil davon küren.
Bezüglich Stadtgestaltung und Entwicklung steht das Hochbaudepartement mit seinem „Amt für Städtebau“ im Fokus, doch auch das Präsidialdepartement mit dem Ressort „Stadtentwicklung“ hat Gewicht.
Geeignete und talentierte „Dirigenten“ und „Dirigentinnen“ sind gefragt. Zur Inspiration: Emil Klöti (Stadtrat und Stadtpräsident von 1906 bis 1942) hatte dieses umfassende Talent, zu sorgen und zu führen.
Für die FDP hat der Limmatraum mit der Bekämpfung der Uferschutz-Initiative kein Gewicht. Auch finden die Freisinnigen Hochhäuser fürs Wohnen noch immer geeignet.
Ein inzwischen zurückgetretener Gemeinderat hat immerhin die Aufstockungs-Initiative lanciert. Wie ihr Kandidat fürs Präsidium, Perparim Avdili, mit dem Ressort Stadtentwicklung umgehen soll ist zumindest unklar.
Vom Stadtratskandidaten der SP, Tobias Langenegger, haben wir gehört, dass er Änderungen will und bezahlbare Bauformen anstrebt. Das könnte Odermatts Hochhausförderung beenden und lebenswerte Quartiere ermöglichen.
Weil es nicht weitergehen darf, wie bisher, sind wir aufgerufen, Kandidaturen für Gemeinde- und Stadtrat genau unter die Lupe zu nehmen.


Zürich glänz erst wieder, wenn Mauch und die ganze links-grüne Bagage weg ist. Sonst ist Zürich wie San Francisco zum Untergang verdammt.
Mir gefällt diese Hochhausmanie auch nicht, aber bei dem aktuellen Zuwanderungswahn, gibt es keine Alternative, als in die Höhe zu bauen. Doch es würde eine geben, die Zuwanderung endlich stoppen.
die Stadt Zürich ist fehlerhaft entworfen worden. Von den Kaufleuten deren die Investitionen Dorn im Auge gewesen sind und dem Geiz zu Liebe die Gassen so schmal gestaltet haben dass nicht mal 2 Karren von insgesamt 4 Pferden gezogen nebeneinander passen.
Es hilft somit nur der Wegzug. Nach Winterthur zum Beispiel. Entworfen und gebaut von den Industriellen. Mit Platz, mit Reserve, mit Luft in der Stadt.
Paris war ähnlich dämlich entworfen und gebaut wie Zürich gewesen, bis die Feuer und die Weitsicht eines Königs einen Neustart ermöglichte.
In ZH gibt es weder Könige noch Weitsicht.
Ziemlich zusammengewürfelter Artikel, wenig Substantielles.
Wie mit dereinst vielleicht acht Geschossen, wenn auch mit viel autoritärer Ideologie, auf bestehendem Gebiet eine C40-Hölle ohne nationale, danach städtische Zutrittsbeschränkungen gezimmert werden soll, weiss wohl nur der Autor selber – nix da mit Wuhanisierung. Zürich hat die Urbanisierung auf mindestens drei, wenn nicht mehr Generationen hinaus verpasst; allen Konzeptdenkens unbefähigt trieb der Laden einzig isoliert die Gentrifizierung voran: Was jetzt kommt, ist nur noch ein Zurückfallen im Wettbewerb in absolut allen Bereichen.
Die Städtebau-Artikel von Herr Oeschger sind immer sehr spannend und fundiert. Vielen Dank dafür.
Frage zu folgendem Satz: „Wir leben in einem offenen Gletschertal mit Waldkuppen, Fluss und See.“ Sind die beiden Hügelzüge links und rechts des Zürichsees eigentlich durch tektonische Faltung oder durch die Gletscher entstanden? Ist jetzt eher eine geologische als eine architektonische Frage, aber vielleicht weiss es Herr Oeschger oder jemand aus dem Forum.
Ich glaube in der Schule gelernt zu haben, dass der Zürichsee durch den Linthgletscher entstanden ist… Schiebung
Der Pfannenstil durch tektonische Faltung.
Übrigens was Brander anstößig…. geht immer in die Hose und ist immer teuer. Sie hat den Hang Steuergelder zu verpulvern ohne ersichtlichen Mehrwert!
Kann jemand anderes als die Architektenzunft Schuld sein an der Misere?