PwC-Chef Markus Neuhaus agiert nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“. Im Fall Hildebrand von einem Gefälligkeitsgutachten zu sprechen, sei „schlicht und einfach dumm“, sagte er gestern in Interviews der „Aargauer Zeitung“ und der „Südostschweiz“.
Die Aussage ist mutig. Vielleicht auch überheblich. Möglicherweise sogar dumm.
Denn das PwC-Gutachten vom letzten Dezember für die Nationalbank (SNB) ist Sprengstoff für die führende Banken-Prüfgesellschaft der Schweiz.
Im Gutachten gaben leitende PwC-Partner dem damals hoch angesehenen SNB-Chef Philipp Hildebrand Rückdeckung für dessen umstrittene Devisen- und Aktien-Deals.
Der Schutz wirkte nur kurz. Vor 3 Wochen nahm Hildebrand den Hut und tauchte ab.
Unter Druck gab der SNB-Bankrat bei PwC-Konkurrentin KPMG eine neue Untersuchung in Auftrag. Die KPMG nimmt sämtliche Eigengeschäfte der Notenbank-Führung der letzten Jahre unter die Lupe. Die Arbeit der PwC beschränkte sich auf jene von Philipp Hildebrand im 2011.
Für die PwC gefährlich wird die Arbeit von Konkurrentin KPMG, weil diese auch Hildebrands Geschäfte prüft. „Mittlerweile ist entschieden, dass die Untersuchung der Eigengeschäfte des Erweiterten Direktoriums auch die Transaktionen von Herrn Hildebrand umfassen soll“, bestätigt SNB-Sprecher Walter Meier.
Sollte die KPMG aufzeigen, dass Hildebrand im grossen Stil mit Wertschriften und Fremdwährungen dealte, würde das ein schlechtes Licht auf die PwC werfen. Selbst in deren engeren Auftrag tauchten genügend Fragezeichen auf.
Die PwC-Untersuchung spricht von 40 Transaktionen für 2011, welche über Konten bei Hildebrands Bank Sarasin liefen.
Mit den Hildebrands als Spekulanten, wie dies die „Weltwoche“ behauptete, geriete die PwC in den Verdacht, entscheidend mitgeholfen zu haben, den Skandal unter dem Deckel zu halten.
Ein Motiv wäre rasch zur Hand. Die PwC prüft die Bücher der Notenbank, die damit eine wichtige Kundin ist. Zudem sind PwC-Chef Markus Neuhaus und Philipp Hildebrand gute Bekannte.
PwC-Chef Neuhaus stemmt sich gegen den Eindruck der Verbandelung. „Wir haben keinen Persilschein ausgestellt“, betonte er in den Interviews mit Verweis auf eine der Transaktionen von Hildebrand, die „regelkonform, aber heikel“ gewesen sei.
Zur Entlastung genügt das nicht. Das Hauptproblem der PwC in der Causa Hildebrand ist nicht der Befund des Gutachtens, sondern die gewählte Vorgehensweise. Diese wirft grundsätzliche Fragen zur Professionalität der Prüfgesellschaft auf.
Die PwC verzichtete auf ein persönliches Interview mit Philipp Hildebrand, dem eigentlichen Gegenstand ihrer Untersuchung. „Wir wurden von der SNB informiert, dass die EFK (die Eidgenössische Finanzkontrolle, die Red.) ein Gespräch mit Hildebrand wollte, die SNB die Anfrage jedoch ablehnte“, schrieb PwC-Sprecherin Claudia Sauter vor 2 Wochen. „Wir stellten darauf hin verschiedene Fragen. Auf Wunsch der SNB hatten die Fragen schriftlich zu erfolgen, begründet damit, dass auch die Dokumentation der Antworten präzis sind. So stellten wir schriftlich Fragen zur Vollständigkeit der Unterlagen, Begründung von Transaktionen und auch Fragen zum Nachweis der Liegenschaftentransaktionen. Wir erhielten auch entsprechende Antworten.“
Der letzte Satz ist entscheidend. Die PwC gab sich mit den Auskünften zufrieden, obwohl diese ohne persönliche Gespräche zustande gekommen waren.
Für Frank Schneider, Direktor der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde (RAB), ist das unbegreiflich. „Es ist stossend, dass der Bankrat keine Interviews mit Herrn Hildebrand zuliess und sowohl die PwC als auch die Eidgenössische Finanzkontrolle nicht darauf beharrten“, sagte der Schweizer Ober-Revisor kürzlich gegenüber 20 Minuten Online. „Das Gespräch mit dem direkt Betroffenen ist für eine solche Untersuchung wichtig.“
Auf folgende Fragen braucht die PwC rund um ihre Hildebrand-Weisswaschung Antworten:
1. Warum lehnte die Prüfgesellschaft den Auftrag nicht ab, nachdem ihr ein Gespräch mit dem SNB-Chef untersagt wurde?
2. Waren die PwC-Partner, welche bei der SNB normalerweise die Rechnung prüfen, die richtigen für eine solche heikle Untersuchung, bei der es letztlich um Betrugsvorwürfe geht?
3. Warum hat die PwC nicht auf dem „Journaling“ (lückenlose Aufzeichnung) der E-Mails und den vollständigen Bank-Unterlagen Hildebrands bestanden?
4. Welche Rolle spielt die Nähe von PwC-Chef Neuhaus zu Philipp Hildebrand?
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Das Reglement der SNB bezgl. Eigengeschäfte der Mitarbeiter war derart löcherig, dass es eigentlich fast alles zuliess.
Die KPMG wird daher kaum mehr finden als PwC.
Keine Strafe ohne Gesetz.
Man kann bloss das Reglement der SNB verschärfen, aber für die Hildebrands selbst hat das keine Bedeutung, erst für den Nachfolger von Hildebrand im SNB Direktorium.
Es zeugt wirklich von Dummheit, im Nachhinein noch gross auf diesem Fall herumzuhacken, weil das bloss die Arbeit der SNB erschwert.
In der gegenwärtigen, immer schlimmer werdenden Welt-Finanzkrise ist es total kontraproduktiv, wenn die Nationalbank nicht ungestört funktionieren kann, und es wird der Schweiz und ihrem gesamten Finanzplatz immensen Schaden zufügen.
Es wäre eine grosse Erleichterung, wenn auch die Tiefflieger von ‚inside paradeplatz‘ dies gelegentlich begreifen würden. -
Eh alles nur Idioten und Amateure die bei diesen Firmen arbeiten was erwartet ihr eigentlich von denen?
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Welche PwC Prüfer unterschreiben den Bericht der SNB?
Hoffentlich wenigstens nicht die gleichen wie bei Hiltebrand.
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Hervorragender Artikel – ich bin gespannt, was hier noch geht. Bei einem ähnlichen Beispiel, dem Händlerfall der UBS in London war es auch nicht deren Revisionsstelle (Ernst & Young), welche die Nachuntersuchung durchführen durfte, sondern eine unabhängige, nämlich die KPMG. Jetzt ist es an der Zeit, dass einmal „eine Krähe einer anderen ein Auge auspickt“!
Hervorragender Artikel - ich bin gespannt, was hier noch geht. Bei einem ähnlichen Beispiel, dem Händlerfall der UBS in London…
Welche PwC Prüfer unterschreiben den Bericht der SNB? Hoffentlich wenigstens nicht die gleichen wie bei Hiltebrand.
Eh alles nur Idioten und Amateure die bei diesen Firmen arbeiten was erwartet ihr eigentlich von denen?