1943 veröffentlichten Joseph Borkin und Charles A. Welsh ihr Werk “Germany’s Master Plan: The Story of the Industrial Offensive“.
Es war mehr als ein Sachbuch – es war ein Weckruf. Die Autoren legten akribisch dar, wie deutsche Industriekartelle über nahezu ein halbes Jahrhundert, allen voran IG Farben, nicht nur die deutsche Wirtschaft dominierten.
Sondern auch gezielt internationale Märkte infiltrierten und kontrollierten. Die Resonanz war gross.
In den USA schärfte das Buch das Bewusstsein dafür, dass industrielle Machtkonzentration eine strategische Bedrohung sein kann – nicht nur eine wirtschaftliche.
Borkin & Welsh zeigen, dass die Chemie- und Pharmaindustrie weit mehr leistet als Medikamente herzustellen. Stoffe können gleichermassen das Leben retten wie zum Töten dienen.
Ihre Worte hallen nach: „Compounds almost identical in chemical properties can be used to kill or to cure, as weapons of man against man or of man against the destructive forces of nature.“
Diese Ambivalenz erklärt, warum Farbstoffe, Kunststoffe, Sprengstoffe, Kunstkautschuk oder synthetische Öle in Friedens- wie Kriegszeiten strategische Bedeutung haben.
Carl von Clausewitz (1780–1831) war ein preussischer General und Militärtheoretiker, bekannt als Autor von „Vom Kriege“.
Borkin & Welsh greifen eine von Clausewitz inspirierte Lehre auf und deuten sie wirtschaftlich:
„Peace was a continuation of war by other means. (…) Disarm your enemy in peace by diplomacy and trade if you would conquer him more readily on the field of battle.“
Diese Formulierung ist eine Paraphrase der Autoren, die Clausewitz’ Grundgedanken – den Krieg als Fortsetzung der Politik zu sehen – auf die wirtschaftliche Machtausübung im Frieden ausweiten.
Die Unterstützung der US-Pharma- und Chemieinfrastruktur durch die Schweiz würde genau dieser Einsicht folgen:
Stärke in der Krise erwächst aus Strukturen, die schon im Frieden durch Kooperation und gemeinsame Interessen entstehen.
Für die USA wurde die Abhängigkeit von deutschen Chemie- und Pharmakartellen zum Risiko. Borkin & Welsh dokumentieren, wie die IG Chemie in Basel als Tarnorganisation diente, um deutsche Beteiligungen in den USA zu verschleiern.
Unter dem Dach dieser Schweizer Holding hielten IG-Farben-Akteure Schlüsselpositionen, ohne dass die Kontrolle als „deutsch“ sichtbar war.
Ergebnis: Zollschranken reichten nicht aus. Die Kontrolle über Patente, Preise und Lieferketten blieb im Ausland – und verdrängte US-Produktion.
Lehre: Inlandsproduktion ohne Inlandskontrolle ist wertlos. Kartelle zwischen US-amerikanischen und deutschen Firmen – so die beiden Autoren – haben zum Produktionsrückgang bei gleichbleibenden Gewinnen der US-Partner geführt und damit die Importabhängigkeit verstärkt.
Heute stehen die USA – anders gelagert, aber strukturell ähnlich – vor der Frage, ob kritische Teile der pharmazeutischen Wertschöpfung zu stark im Ausland liegen.
Wenn eine US-Administration (etwa unter Donald Trump) öffentlich erklärt, Pharma- und Chemieproduktion zurück in die USA holen zu wollen, geht es nicht nur um Jobs.
Sondern um Wehrhaftigkeit: Eine robuste, krisenfeste Versorgungskette für Gesundheit, Industrie und Militär.
Warum laufen rund 50 Prozent der Schweizer Pharmaexporte in die USA über die EU?
Ein wesentlicher Grund könnte das Mutual Recognition Agreement (MRA) zwischen EU und USA über die gegenseitige Anerkennung von GMP-Inspektionen sein.
Wichtiges Detail: Die US-Pharmaaufsicht FDA qualifiziert jedes EU-Land einzeln. Das MRA gilt formal EU-weit, wirkt aber faktisch nur dort voll, wo die nationale Behörde als gleichwertig anerkannt ist. (Irland oder die Niederlande profitieren davon).
Die Schweiz hat zwar seit 2023 ein vergleichbares Abkommen, das aber noch in den Kinderschuhen steckt.
Bern sollte weitsichtig agieren: Verbesserung und Vertiefung des bilateralen MRA Schweiz-USA für mehr Eigenständigkeit von Brüssel.
Neutralität heisst Eigenständigkeit: Aus Schweizer Sicht ist es nicht im Interesse des Landes, im Schlepptau der EU in eine mögliche transatlantische Auseinandersetzung zu geraten.
Schon die blosse Möglichkeit, gegen US-Interessen gedrängt zu werden, unterminiert Vertrauen in Berns Verlässlichkeit.
Wenn – im Geiste von Borkin & Welsh – die Sorge vor marktbeherrschenden Strukturen den Stein ins Rollen bringt, reicht blosse Produktion in den USA nicht.
Kontrolle entsteht dort, wo Forschung, Patente und Know-how sitzen.
Konsequenz: Die Schweiz sollte die USA proaktiv in Forschung einbinden – mit gemeinsamen Projekten, Technologietransfer und Schweizer-beteiligten Forschungszentren in den USA.
So bleibt Marktzugang verlässlich; zugleich wird der mächtigste Staat der Welt als Partner gebunden.
Borkin & Welsh verdeutlichen, dass industrielle Souveränität Sicherheitspolitik ist. Für die Schweiz folgt daraus: US-Wehrhaftigkeit zu stärken liegt im eigenen Interesse.
Weil ein wehrhaftes Amerika die Stabilität der westlichen Hemisphäre sichert, von der auch die Schweizer Wirtschaft und Sicherheit profitieren.
Neutralität ist kein Äquidistanz-Dogma, sondern verlangt Partnerschaften mit Supermächten, die Stabilität garantieren. An dieser Stärkung gilt es zu arbeiten – nicht an deren Schwächung.
Eine Schweiz–USA-Kooperation könnte konkret heissen:
Gemeinsame Kartellaufsicht (bilaterale Task-Force für Preis-, Patent- und Lieferketten-Transparenz), Anti-Evergreening-Agenda (missbräuchliche Patentverlängerungen eindämmen), Diversifizierung kritischer Produktionsstufen (APIs/Biologika) und Reshoring in die USA mit Schweizer Technologie.
So verstanden, ist Pharma/Chemie mehr als Wirtschaft – es ist strategische Infrastruktur.
Die Schweiz gewinnt verlässlichen Marktzugang und aussenpolitische Eigenständigkeit. Die USA gewinnen Resilienz in kritischen Lieferketten und damit wehrfähige Souveränität.
Genau diese Konstellation hätten Borkin & Welsh wohl begrüsst: eine Partnerschaft, die Kartellmacht bricht, Innovation beschleunigt und Sicherheit erhöht.
Selbstredend würde dann nicht eine Branche zum Klumpenrisiko einer Nation werden. Die Gewinner wären auch die Verbraucher auf beiden Seiten des Ozeans, weil auch die Preise sinken würden.
Ein besonderer nationaler Schutz der Pharmabranche in der Schweiz lässt sich kaum rechtfertigen, wenn die Produktion von Medikamenten für die Grundversorgung längst nach Fernost verlagert wurde – und damit zum Versorgungsrisiko wurde.
Wodurch kaum Loyalität gegenüber dem eigenen Wirtschaftsstandort manifestiert wird.
Fazit: Wer die Lehren aus Germany’s Master Plan ernst nimmt, erkennt: In kritischen Industrien entscheidet Kontrolle – nicht Etikett.
Die Schweiz kann im Zollstreit punkten, wenn sie bilaterale Handlungsfähigkeit zeigt und die USA nicht nur als Produktionsstandort, sondern als Forschungspartner adressiert.
Das stärkt die Wehrhaftigkeit der USA, schützt die Neutralität der Schweiz – und macht beide weniger anfällig für kartellartige Machtkonzentrationen, die mehrfach zum Krieg geführt haben.
Okay, Bruder, aber wie war das damals mit Petroplus?
Die USA von Heute sind nicht die USA von 1943. Diplomatie wurde laengst durch Drohungen, Einschuechterung und Erpressung ersetzt. Die USA von Heute kennen keine Partner, nur noch Vasalen. Wozu verhandeln oder Partnerschaften aufbauen, wenn man die Wahlen in den betr. Laendern manipulieren oder die Regierungen selbst bestimmen kann. Die US Geheimdienste waren seit 1943 an mind. 60 gewaltsamen Umstuerzen in anderen Laendern beteiligt. Einer der Hauptsponsoren von Maidan 2014 war die USAID. Wie die gestaerkte Wehrhaftigkeit der USA ihre Vasalen schuetzt erleben wir gerade in der Ukraine.
Schwierig einzuordnen, Ihr Gejammer. Der aktuelle Präsident der USA baut ja eben diese nationalen und internationalen Gebilde, – soweit unrechtsstaatlich, – mindestens formell, aber erkennbar tiefgreifend während seinen zwei Amtsperioden und vier eingeschobenen Jahren massiv zurück. Und der Westen bricht dabei aber in ein staatlich gelenktes Panikgeheul aus.
Wenn anhaltende Empörung zum blossen Hobby verkommt, dann sind Eure sieben Anführer im Auftrag der Brüsseler und Strassburger Pappnasen definitiv auf Kurs.
Die Crossrail war auch so ein epic fail, mit durch Kettenschlösser durch den Insolvenzverwalter gesicherten Lokomotiven in Basel SBB Rb.
Die absolute Weltmeisterschaft in finanzieller Selbstsabotage hat aber der große Kanton inne.
„Mit dem Wirtschaftsabkommen im Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939 bezog das Deutsche Reich bis Juni 1941 wichtige Rohstoffe wie Erdöl, Chrom- und Manganerz aus der Sowjetunion. Neben der Sowjetunion war Rumänien für das Deutsche Reich das einzige Versorgungsgebiet für Roh- und Mineralöl. Der Transport des Öls erfolgte mit Tankkähnen über die Donau.“
weiß das lebendige Museum online
„Produzenten im besetzten Westeuropa wurden für ihre Lieferungen nach Deutschland unmittelbar durch die jeweiligen staatlichen Kreditinstitute entlohnt. Da ein Finanzausgleich zwischen dem verschuldeten Reich und den westeuropäischen Banken erst nach dem deutschen „Endsieg“ erfolgen sollte, nahm das Transfersystem den Charakter inoffizieller Auslandskredite zur Finanzierung des Kriegs an. Zudem hatten die west- und nordeuropäischen Länder die – viel zu hoch berechneten – deutschen Besatzungskosten zu tragen.“
weiß das lebendige Museum online
OK. Der Autor hat wohl das Wesentliche an der Unzuverlässlichkeit der USA verpasst. Die Amis waren und sind keine Freunde. Der Masterplan diente in erster Linie dem US Einfluss in Europa und machte Europa abhängig aber nicht sicherer. Geschichte ist nicht jedermann’s Sache, auch wenn man es nachlesen könnte.
Und ja, wir müssen den USA unbedingt unser Know How anbiedern! Warum verkaufen wir nicht gleich alles was wir können an die Chinesen? Die können wenigstens noch bezahlen.
und da is er ja, unser aller Besserwisser Palfer!
Verstehen Sie gut, Radu Golban:
Sie hätten es wissen können!
Tja, wenn der Palfer das sagt! 😉
Der Herr P. hat alles soo gut verstanden!
Nur:
Golban spricht mE vom von deutschen Masterplan.
Dies hindert P. nicht, vom US-(Nachkriegs)Masterplan zu schwafeln.
Aber sei’s drum. P. kommentiert immer – auch ohne zu lesen.
Fakt ist:
Roche (aber auch Novartis)mit Genentech bspw. – haben US-F&E eingekauft. Sie sind auf diesem Wege.
Donold T. geht es vielmehr um die Balance in Medicaid/-care.
Er hat die unteren Einkommensschichten teilw. ausgeschlossen.
Braucht Erfolge im Gesundheitswesen um die Steuererleichterungen
der oberen Einkommen zu finanzieren.
That’s all!
Produzieren auch dort.
@Masterplan D.
Was Donald verstanden hat ist, dass wer die Behandlung von Menschen kontrolliert, enorme Macht gewinnt. Das will er nicht Indien, China, Deutschland oder der Schweiz überlassen. Pharma Know How mit den USA zu teilen ist Trump sehr willkommen und wäre des Westens grösster Fehler. Patente gelten solange man sie respektiert, das weiss auch Big Pharma und deshalb bekommt Trump alles was er von der Pharma will. Die Welt ist ein wenig egoistischer geworden.
PS: Der D Masterplan diente lediglich zur Vorbereitung des WW2. Mehr war nicht dahinter.
Ist Deutschland im Zweiten Weltkrieg das Geld ausgegangen? Suchen Sie nach Mefo-Wechsel. Warum hatte Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg einen Geldüberhang? Geld ist zwar der ultimative Rohstoff, aber Geld macht nicht satt, geht nicht arbeiten und bekommt auch keine Kinder.
Betrachten sie mal http://www.usdebtclock.org, dann wissen Sie wer für „Labilität“ sorgt!
Die Schuldenuhr für die EU tickt auch immer schneller!
Von Nachhaltigkeit keine Spur!
Die Welt wird sich verändern, jeder wird zukünftig wieder für sich selbst schauen müssen. Das grössete Problem sind die ausufernden Schuldenberge. Ohne Schulden ist man nachhaltig und stark, mit Schulden arm und schwach. Die Schweiz wäre stark ohne Schulden, und echtem Geld, Gold und Silber…der Grossteil des Goldes wurde willenslos verschenkt!
Wie soll die USA eine Militär-maschinerie bezahlen, wenn sie pleite ist?
Sgt. PEPPer’s Lonely Hearts Club Band
12.08.2025 um 08:03
„Laut dem Beratungsunternehmen Ernst & Young werden im Jahr 2025 (in Deutschland) voraussichtlich über 100.000 Stellen abgebaut, vor allem im Industriesektor – dem Hauptleidtragenden der Energie- und Regulierungskrise. Seit der Vor-Corona-Zeit hat die deutsche Industrie rund 10 % ihres Produktionsvolumens verloren. Isoliert betrachtet ähnelt der Sektor eher einer Depression als einer Rezession. Eine Rückkehr auf einen nachhaltigen Wachstumspfad ist unter den aktuellen Bedingungen unwahrscheinlich.“
Quelle:
amerikanische alternative Med
Germanien trug im 2024 noch rund 24% zum BIP der gesamten EU bei.
Nach DE lieferte die Schweiz im selben Jahr 14.7% ihres Exportvolumens; in die EU insgesamt ca. 50%.
Gesamtwirtschaftlich und nur überschlagsmässig gerechnet – EU Exportzölle nach Amerika vorerst unberücksichtigt – resultiert also ein erwarteter Einbruch von rund 1.2% in die EU und von geschätzten 5% abzgl. des Anteils von Pharmaerzeugnissen in die USA.
Das dürfte einigen Unternehmern Kopfschmerzen bereiten, insb. halt auch, als abfedernde Abwertungen des CHF durch die SNB international nicht weiterhin toleriert werden.
Solange unser Bundesrat und unsere Chef-Verhandler nicht wissen, wie Kontrolle funktioniert oder sie bewusst für eine Laissez-faire-Politik gewählt und bezahlt werden, bringen die Erklärungen nicht viel.
„Jeder, der nur halbwegs bei Verstand ist, weiß, dass Russland, das auf dem reichsten Rohstoffschatz der Welt sitzt, kein Interesse daran hat, eine Region zu erobern, die in Bürokratie, aufgeblähtem Wohlstand und demografischem Verfall ertrinkt. Europa bietet keinen Preis – nur eine rentenreiche Bevölkerung, zunehmende soziale Unruhen und keine nennenswerten natürlichen Ressourcen. Die wirkliche Eroberung hat bereits stattgefunden – von innen heraus durch die illegalen Ausländer, die von rücksichtslosen keynesianischen Politikern als trojanisches Pferd benutzt wurden.“ Deutschland Unter Allen!
Ein gelungener Artikel, der vor allem lösungsorientiert ist, wie sich z.B. die Schweiz positionieren sollte, um aus dem momentanen „Schlamassel“ heraus zu gelangen.
Vielen Dank, geschätzter Radu Golban!
Ich glaube der Autor sieht die Realität nicht.
Wie wäre es, wenn man die Ursache betrachten würde: das kapitalistische Wirtschaftssystem. Gewinn steht über alles.
Neutralität bedeutet sicher nicht Eigenständigkeit.
Eigenständigkeit bedeutet für mich nicht auf andere angewiesen zu sein. Kann die Schweiz dies in seiner Situation?
Die Schweiz ist nicht nur exportorientiert, sondern auch importorientiert. Alles muss praktisch importiert werden.
Wenn man glaubt, die EU ignorieren zu können, dann möchte ich schon wissen, wie der Export und der Import von und zur Schweiz erfolgen soll.
Wieder ein Autor der meint mit den USA verhandeln zu können – vergiss es – was rauchen die alle? Die viel grössere Volkswirtschaft sagt was läuft und die Unterhändler und später die Bundesräte haben zu nicken. Es spielt keine Rolle was für einen Schnorri ihr sendet, der nimmt den Befehl entgegen und reicht ihn weiter, mehr ist nicht drin. Daher keine Zeit mehr mit denen verschwenden und das zeug sonst wo losbringen. Je mehr den USA nach gehöselet wird, je höher die Forderungen. Ziel ist es das die was von uns wollen, an kriechen ist eine ganz schlechte Position und erbärmlich.
600 Zeichen sind wenig, aber der Autor dürfte selbst bemerkt haben, dass er in einem Zirkelschluss gelandet ist.
À propos; die CH ist auch im 2025 von (inländischen) Kartellstrukturen durchdrungen. Mit dem Trickli der Halb-, also faktischen Staatsbetriebe, und deren Dominanz werden Preise und Verfügbarkeiten sehr weitflächig vorgegeben.
Und zur Wehrfähigkeit: Die USA kriegen ihre Verteidigung selber hin. Die CH hingegen begeht einen fatalen Fehler, wenn sie sich zulasten des eigenen Schutzes zunehmend in offensiv ausgestaltete Strukturen und in die eben kritisierten Abhängigkeiten einreiht.