David „Dave“ Blumer geht. Wohin, weiss niemand. Seine Frau entschuldigt ihn am Telefon, sein privater Pressesprecher sagt auch nicht mehr.
Dabei wäre Blumer im richtigen Alter für den endgültigen Karrieredurchbruch gewesen.
In wenigen Wochen erst 44, mit steilem Aufstieg, zuerst im Asset Management bei der Grossbank Credit Suisse, ab 2008 als Konzernleitungsmitglied beim Rückversicherer Swiss Re, hatte Blumer in den Augen vieler beste Chancen auf einen CEO-Job in der Hochfinanz.
Täuschten sie sich?
Blumer habe aus freien Stücken gekündigt, heisst es bei der Swiss Re. „So haben wirs kommuniziert, da gibt es nichts zu intepretieren“, meint Sprecher Rolf Tanner.
Einiges passt nicht zusammen.
Im Communiqué von Anfang Oktober schrieb die Swiss Re, Blumer habe sich entschieden, das „Unternehmen per 1. November 2012 zu verlassen“.
Gemäss Auskunft des Swiss-Re-Sprechers ist Blumer aber bereits weg. Laut seiner Frau am Telefon ist Blumer via sein Swiss-Re-Mail nicht mehr erreichbar.
Ebenfalls nicht zum Eindruck eines völlig überraschenden Abgangs passt die rasche Nachfolgeregelung. Nur eine Woche nach Blumers Aussscheiden übernahm der Interne Guido Fürer die Zügel.
Das kommentierte die sonst zurückhaltende NZZ. Die Zeitung sprach letzten Freitag von einem „überraschenden, wenn nicht sogar überhasteten Weggang“ von David Blumer.
Für Swiss Re ist das „auch glückliche Fügung“, wie ihr Sprecher ausführt. „Mit Guido Fürer stand ein langjähriger Swiss-Re-Manager bereit, der mit Dave Blumers Strategie bestens vertraut ist.“
Die Frage bleibt offen, was zu Blumers Entscheid geführt hat. Sein Karriereende beim Finanzmulti am Zürcher Mythenquai wirft auch einen Schatten auf seinen Mentor, den grossen Walter Kielholz.
Kielholz und Blumer waren ein enges Team, zwischen den Zwei bestand eine Art Vater-Sohn-Beziehung.
Für manch einen Beobachter war Dave Blumer der „Göttisohn“ des Strippenziehers des Zürcher Finanzplatzes; sicherlich bezüglich der Karriereförderung, meinen diese Stimmen, möglicherweise aber auch tatsächlich.
Kielholz ist persönlich unbeschadet durch die Finanzkrise gesegelt, obwohl er bei seinen beiden wichtigsten Engagements, der Swiss Re und der Credit Suisse, als oberster Verantwortlicher Milliardenverluste zu verantworten hatte.
Als Blumer im Frühling 2008 als Chef von CS Asset Management in die Chefetage der Swiss Re wechselte, dürfte Kielholz Pate gestanden haben. Kielholz war damals Präsident der CS und Vize der Swiss Re.
Warum genau Kielholz am jungen Blumer den Narren gefressen hat, ist unklar. Möglicherweise spielte Blumers Vater eine Rolle.
Hansrudolf Blumer war ein hoher Militär und brachte es als Generalstäbler zum Divisionär der Panzertruppen. Kielholz soll ein Vertrauter der Familie Blumer sein, heisst es am Paradeplatz.
Aufgewachsen war Klein-Dave mit seiner Schwester in einem bescheidenen Zürcher Landdorf. Dort war seine Mutter, eine Ostschweizerin, Flötenlehrerin.
Für das Vorankommen von Sohn Dave wurde im Hause Blumer nicht gekleckert. Er wurde an ein Zürcher Privat-Gymnasium geschickt.
Als nächste Etappe im Karriere-Aufbau folgte das Wirtschaftsstudium an der Universität Zürich. Im Militär wurde Dave Blumer standesgemäss Offizier.
Wie sein Eintritt in die CS zustande kam, ist nicht bekannt. Sicher ist, dass Blumer dort rasch unter die Fittiche von Haudege Oswald Grübel kam.
Blumer wurde Mitglied einer Viererbande mit Burkhard Vanholt, einem heutigen Sarasin-Spitzenmanager, und Yves Robert-Charrue, ein Julius-Bär-Chef.
Die Truppe baute um die Jahrtausendwende im Auftrag von Grübel sogenannte Absolute-Return-Funds auf. Diese sollten für einige Jahre zur Cash-cow der CS werden.
2006, nachdem er zuvor 2 Jahre lang im Trading der CS war, wurde Blumer von „Ossie“ Grübel zum obersten Chef des ewigen Sorgenkinds Asset Management (CSAM) befördert.
„Plötzlich tauchte Dave als Bigbboss auf“, sagt ein Ex-Weggefährte von Blumer. „Das kam uns vor wie Phoenix aus der Asche“.
Bei CSAM hatte Blumer nicht nur Erfolg. Laut einem Insider waren einige seiner Entscheide umstritten. So soll Blumer tägliche Bewertungen der Immobilien als neues Risikoinstrument eingeführt haben. Bei Real Estate mache dies keinen Sinn.
In der Wahrnehmung eines anderen Beobachters der damaligen Zeit als CSAM-Chef pushte Blumer den Bereich mit Marketing und Verkäufen, statt solide Aufbauarbeit mit entsprechender Performance bei den Produkten zu leisten.
Beispielsweise habe Blumer den Einstieg einer grossen US-Pensionskasse kurz vor Ausbruch der Finanzkrise Mitte 2007 intern als Erfolg verkauft.
Die Sache endete offenbar teuer für die CS. Weil der US-Investor – es soll sich um die bekannte Calpers handeln – in Geldmarktfonds der CS mit vielen „toxischen“ Collateral Dept Obligations (CDO) investiert habe, seien bald riesige Verluste entstanden.
Auf Druck von Calpers habe die CS die CDOs übernehmen müssen. Ende 2008 musste die CS wegen Investments in US-CDOs einen Milliardenverlust bekannt geben.
Wenige Monate zuvor hatte Blumer überraschend zur Swiss Re gewechselt. Dort wurde er Herr über Assets von 150 Milliarden Franken. Im Februar 2009 schrieb Blumer Headlines als bestbezahlter Swiss-Re-Spitzenmann mit 14 Millionen Entschädigung.
Kurz darauf, im Frühling 2009, war Blumer-Mentor Kielholz ebenfalls ganz für die Rückversicherung zuständig. Kielholz gab damals sein Präsidium bei der CS auf und übernahm den Vorsitz des VRs bei der Swiss Re.
Das Feedback über Dave Blumer fällt so unterschiedlich aus wie bei kaum einem anderen Topshot der Finanzindustrie.
Seine Förderer sind voll des Lobs. Oswald Grübel, der lange den Takt auf dem Finanzplatz angegeben hatte, lobt Blumers Zuverlässigkeit. Grübel war Gast an Blumers Hochzeit auf einem eindrücklichen Landgut in Süddeutschland.
„Götti“ Kielholz lässt sich im Abschieds-Communiqué der Swiss Re auf eine ungewöhnliche Art und Weise persönlich zitieren. Seine Aussagen hören sich wie ein Werbespot an.
„Der Verwaltungsrat bedauert David Blumers Entscheid sehr“, begann Kielholz vor zweieinhalb Wochen, und setzte dann zu einem einzigartigen Loblieb über Blumer an.
„(Blumer) hat Asset Management über vier Jahre erfolgreich geleitet. In seiner Funktion als Chief Investment Officer hat er ein konsequentes Asset-Liability-Management eingeführt und hervorragende Returns on Investment erwirtschaftet. Asset Management ist heute bestens aufgestellt, um die neue Gruppenstruktur von Swiss Re zu unterstützen und wesentlich zu unseren mittelfristigen Finanzzielen beizutragen. Unsere Geschäftseinheit Admin Re hat ebenfalls massgeblich von David Blumers Erfahrung und Kompetenz profitiert, nicht zuletzt beim kürzlichen Verkauf des US Geschäfts von Admin Re.“
Beim US-Verkauf von Admin Re musste die Swiss Re einen Abschreiber von knapp einer Milliarde Franken hinnehmen.
Kollegen, die einst mit Blumer in unteren Hierarchien unterwegs waren, konnten im Unterschied zu Kielholz nie verstehen, wie es dieser so weit nach oben geschafft hat. Blumer sei einfach „ein Netter für die Mächtigen“ gewesen.
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Die beliebtesten Kommentare
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Ihr posted das zwar nicht bezüglich David Blumer, aber was er ist und was er gemacht hat wird immer wieder und überall rumerzählt – irgendwann müsst auch ihr bekennen, dieses Portal lässt sich trotz kritischer Kommentare einfach kaufen – Insideparadeplatz ist anscheinend auch schon Infiltriert.
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Man kann nur Vermutungen anstellen, die alle ins Nichts laufen, denn niemand weiß offensichtlich etwas Genaues. Für mich steht fest, dass eine solche Entscheidung auch Mut erfordert, wobei der Grund dafür an zweiter Stelle steht. Klar, es kann sein, dass Blumer gar nichts anderes übrig geblieben ist, vielleicht weil ein allzu kapitaler Fehler zugrunde lag oder was auch immer. Genauso gut kann sein, dass Blumer aus persönlichen Gründen zurückgetreten ist, die er in der Öffentlichkeit nicht gerne breitgetreten sehen möchte. Letzteres ist zu akzeptieren, falls aber doch ein Fehlverhalten zugrunde liegt, wäre eine Aufklärung der Öffentlichkeit die ehrlichere Variante.
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Das hat man davon wenn man mit untergegebenen wie ein Polizist auftreten tut. Dann ist man halt mal selber auf der Strasse.
The empire strikes back!
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Dave Blumer schuldet mir noch 3000 Flaschen Bier aus einer Wette, die an der 2006 FIFA WM abgeschlossen wurde…
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Fast hätte ich es vergessen: Zum Abschreiber von knapp einer Milliarde Franken im Admin Re Geschäft USA gäbe es noch folgendes zu sagen: Dave Blumer war zum Zeitpunkt des Verkaufs Chef der Admin Re – wie auch Chef Asset Management. Der Grund dürfte wohl der sein, dass das heutige Anlageumfeld angesichts der tiefen Zinesen deutlich kleinere Gewinne abwirft, als man dies beim Kauf vor etwas über 10 Jahren prognostiziert hatte. Und wer hat dieses Geschäft aquiriert? Wer war CEO zum Zeitpunkt des Kaufs der US-Firma Life Re von Jaques Dubois – was im wesentlichen der Teil des Admin Re Geschäfts sein müsste, der nun verkauft wurde? Soweit ich mich erinnere geschah dies 1999. Damaliger CEO war Walter Kielholz.
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Völlig Ihrer Meinung. Kielholz ist in Tat und Wahrheit ein „Obervoriger“! – Weiss der Geier, wie er jeweils in die Positionen gekommen ist.
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Was auch immer hiner dem Abgang von Dave Blumer steckt: Lasst doch den armen Mann in Ruhe. (Falls es nicht klar ist: Mit „arm“ meine ich nicht „arm an Kohle“.) Interessant ist doch eher, warum er – offenbar trotz etlichen Limitationen – von Walter Kielholz gefördert wurde. Die eigentliche Story ist darum in der Tat, dass Kielholz „persönlich unbeschadet durch die Finanzkrise gesegelt“ ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang z.B. auch, dass in der Kielholz-Biographie von Rene Lüchinger das Restatement der Q3 2007 Zahlen von Swiss Re mit keinem Wort erwähnt wird: Damals gab die Swiss Re, mit Kielholz als starkem Mann im Verwaltungsrat, etwa 2 Wochen nach einem guten Quartalsergebnis bekannt, dass sie wegen zwei CDSs das Resultat um 1.1 Milliaren Franken nach unten korrigieren müssten. Klar, Kielholz würde wohl darauf hinweisen, dass der CEO Jacques Aigrain war. Nur war auch dies ein nicht gerade glücklicher Personalentscheid des Swiss Re VR.
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Was für ein Artikel über jemanden, der eigentlich nie etwas Richtiges zu Stande gebracht hat. CEO eines relevanten Unternehmens? Etwas hochgegriffen…bei der CS blieb er farb- und erfolglos, und man wollte ihn schlussendlich loswerden.
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Hat er doch genial gemacht, der Dave. Für wenig ober-optimal abkassiert. Ich schätze ‚mal mehr als 50 Mio in knapp 9 Jahren.
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Genial. Die Finanzindustrie kurz prägnant in einem Satz:
„Kielholz ist persönlich unbeschadet durch die Finanzkrise gesegelt, obwohl er bei seinen beiden wichtigsten Engagements, der Swiss Re und der Credit Suisse, als oberster Verantwortlicher Milliardenverluste zu verantworten hatte.“
-persönlich unbeschadet
-Milliardenverluste für Aktionäre/ArbeitgeberBrilliant!
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gelernt ist gelernt! 🙂
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Sorry Insideparadeplatz – aber den Dave interessiert jetzt wirklich niemand. Der war ein Niemand und bleibt auch ein solcher Niemand (trotz Seilschaften). Wir haben weiss Gott andere Probleme in der UBS / CS und Co. !
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Interessante Geschichte, v.a. für Leute, die seinem Vater mal im Militär begegneten und verstehen, was momentan im Hintergrund auf der Weltbühne abläuft. Entweder der Mann ist in eine Depression gefallen oder er hat sich gesagt, für dieses korrupte und böse System arbeite ich nicht mehr. Vermutlich ist beides zutreffend…
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Div Blumer (auch „Tulpe Nüni“ genannt) war Kdt der Mech Div 11. – Dies nur zur Präzisierung.
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„Vetterli-Nüni“ wäre wohl passender. Unsere „Institute“ sind dabei, über ihre eigene „Vetterli-Wirtschaft“ zu stolpern, weil sie – neben Fähigen, die es sicherlich auch gibt – vor allem auch Nieten an Stellen positioniert haben, wo es keine Nieten verträgt. Traurig; die Zeche zahlen wir alle.
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Rudolf Blumer, Divisionär a D – ehem. Kdt Mech Div 11 und Kdt Gst K
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Ist das nun auch so ein super Navy Seal vom Paradeplatz?
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Ihr posted das zwar nicht bezüglich David Blumer, aber was er ist und was er gemacht hat wird immer wieder…
Das hat man davon wenn man mit untergegebenen wie ein Polizist auftreten tut. Dann ist man halt mal selber auf…
Div Blumer (auch "Tulpe Nüni" genannt) war Kdt der Mech Div 11. - Dies nur zur Präzisierung.